Sonntag, 22. März 2015

Sonnenfinsternis im Nikolaiviertel

Weniger Besucher als sonst an einem so strahlend blauen Tag. Die meisten Touristen wollten die Sonnenfinsternis in Berlin an anderer Stelle erleben. Und wer hatte schon eine "Sofi-Brille"?


Vor dem Blick direkt in die Sonne, ungeschützt oder unzureichend nur mit der herkömmlichen Sonnenbrille, wurde lange vorher in der Medien gewarnt. Ein positiver Einfluss der Massenmedien - an diesem Beispiel.



Schon vor Sonnenaufgang wurde ich im Radio auf das außerordentliche Ereignis der partiellen Sonnenfinsternis eingestimmt. Keine Wolke wird den blauen Himmel trüben. Freie Sicht auf Sonne und Mond. Schade nur, dass so viel Menschen in Berlin keine „Sofi-Brille“ kaufen konnten. Dann warnt die Moderatorin: Nie direkt in die Sonne zu schauen, auch nicht mit einer normalen Sonnenbrille. Was kann man tun? Bei der Frage werde ich wach. Genau meine Frage! Diese wird an  Alles-Erklärer Ranga Yogeshwar – bekannt aus Funk und Fernsehen - weitergereicht. Er hat eine Lösung für die Benachteiligten. Jeder könne auf sein Smartphone schauen. Das Selfi-Objektiv einschalten und auf die Sonne richten, die hinter dem Rücken des Nutzers am Himmel steht. So einfach, fragt die Moderatorin. Und wer kein Handy mit Kamera hat? Der könne sich schnell noch ein kleines Loch in die Pappe eines Schuhkartons stanzen.

So motiviert nehme ich gegen 10 Uhr mein Handy und gehe vor die Tür. Doch ziemlich schnell merke ich, dass die Idee mit dem Handy nur ein Werbegag sein kann. Dieser Quatsch funktioniert bei mir nicht.  Da taucht ein Mann mit zwei Röntgenbildern auf. Offenbar hat er auch keine Sofi-Brille bekommen. Er hält die transparenten Negative gegen die Sonne. Und zwischen den hell-dunkel Schatten der Aufnahme zeigt sich die Sonne – jetzt schon als Sichel.  Zwischen den Lungenflügeln des Röntgenbildes sehe ich die Silhouette der Sonne, einem zunehmendem Mond ähnlich. Ich darf teilhaben. Wir scherzen über seine Raucherlunge und sehen direkt – durch das Negativ – in die Sonne. Immer mehr Passanten kommen hinzu. Auch sie hatten den Quatsch mit dem Handy gehört.

 


 
 

Ich komme mit dem Herrn in Gespräch. Er ist wohl ein Mann vom Fach, denn er rät mir, meine alten, klassischen Röntgenbilder aufzubewahren. Bald nämlich gäbe es keine Negative mehr. Die bekannte Röntgenaufnahme aus der Arztpraxis wird heute nur noch als digitale Bilddatei auf dem Computer ausgewertet. Deshalb, so beschließe ich,  werde ich meine Krankenakte mit den Röntgenbildern an meine Enkel „vererben“. Denn am 25. Oktober 2022 wird es wahrscheinlich erneut zu einem Engpass beim Kauf der Sofi-Brillen  geben.  Dann schiebt sich der Mond wieder teilweise vor die Sonne. Und - bis zur nächsten totalen Sonnenfinsternis in Berlin im Jahr 2081 bleibt Programmierern noch genügend Zeit, um für unsere Smartphones eine Mobile App (Deutsch Applikation) zu entwickeln.


 

2 Kommentare:

  1. Die meisten Touristen wollten die Sonnenfinsternis in Berlin an ... sbrille.blogspot.de

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  2. Ein Hinweis für die NÄCHSTE Sonnenfinsternis, damit wir uns sie Äugelein nicht verbrennen.

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